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Digitale Medizin in Deutschland weit hinten

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E-Health politisch umstritten

Das Gesundheitssystem lässt sich regulieren, reparieren, umkonstruieren. Eine Politik dagegen, die die Gesundheitskultur im Blick hat, vollzieht sich durch Kommunikation, Beratung, Information, Aufbau von Kulturfähigkeiten und Umgestaltung heilberuflicher Therapieangebote. Gegenwärtig spielt dieses Denken in der Gesundheitspolitik jedoch noch kaum eine Rolle. Die Chancen der Telemedizin sowie des E-Health über diesen Weg voranzukommen, werden dabei so gut wie ignoriert. So lautet ein Teilergebnis einer unabhängigen wissenschaftlichen Politikstudie, die der renommierte Bamberger Soziologe Prof. Dr. Gerhard Schulze mit Förderung des Phytomedizin-Herstellers Dr. Willmar Schwabe durchgeführt hat. In dieser Studie wurden Politiker aller großen Parteien in persönlichen Interviews zu ihrer Sicht befragt.

Bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens liegt Deutschland weit zurück. Der Index der EU-Kommission 2015 legt es mit beeindruckenden Beispielen an den Tag: Nur 24 Prozent der Allgemeinmediziner tauschen Daten auf dem elektronischen Weg aus, im EU-Durchschnitt sind es 36 Prozent.

Hier dreht es sich um die Effizienz im Gesundheitssystem und die Hausaufgaben sind nicht gemacht. Nicht erstaunlich ist darum, dass E-Health mit direktem Patienten-Bezug und individueller Patienten-Einbindung von der Politik nicht nach vorne getrieben wird.

Gespaltene Politik

Gespalten waren die befragten Politiker in der Studie hinsichtlich ihrer Einschätzung der Telemedizin als Kompensation für persönliche Kontakte. Während mobile Angebote von den Vertretern aller Parteien noch befürwortet werden, wird die Telemedizin nur von einigen liberal orientierten Politikern begrüßt. Bei der Mehrzahl der übrigen stößt dieser Teil von E-Health auf erhebliche Bedenken. Hier werde gegen alle Regeln der ärztlichen Kunst verstoßen, nämlich den Patienten real zu sehen, zu hören, ihn abzutasten, anzufassen und zu riechen. Doch auch dieser Blick geht vom Arzt zum Patienten und stellt diesen mit seinen Bedürfnissen nicht in den Mittelpunkt der Überlegungen.

Gesundheitsfähigkeiten gezielt fördern

Die Statements der Politiker lassen vermuten, dass die Bedeutung der patientenzentrierten Gesundheitskultur nur allmählich und mehr intuitiv erkannt wird. Immer wieder tauchte aber in den Politikergesprächen die Idee auf, die Fähigkeit, sich selbst um seine Gesundheit zu kümmern, gezielt zu fördern. „Die Selbstmedikation würde dazu gehören, aber auch Prävention, Selbstheilungskräfte, Kenntnis des eigenen Körpers, Wissen über gesundheitliche Störungen, Informationsquellen und ihre Bewertung“, so Professor Gerhard Schulze, dessen wissenschaftliche Studie in den letzten fünf Monaten mit amtierenden Gesundheitspolitikern durchgeführt wurde.

„Wir sind Hersteller rationaler Phytopharmaka und betreiben intensive Forschung. Die Phytomedizin muss natürlich durch die Heilberufe Arzt und Apotheker auch in der Selbstmedikation unbedingt begleitet werden“, sagt Schwabe-Geschäftsführer Dr. Traugott Ullrich.

Gerade weil man bei der Selbstmedikation so nah am Patienten sei, habe man aber auch erkannt, dass der blinde Fleck der patientenzentrierten Gesundheitskultur in der Politik besonderer Beachtung bedarf. Der Patient giere nach Information, Selbstanalyse von gesundheitlichen Störungen, individualisierten Therapie- und Verhaltensempfehlungen, aber auch nach fachkompetenter Unterstützung, wenn er alleine nicht mehr weiterkommt. „Unser Konzept sieht vor, dass wir unseren Patientenkunden auch elektronische und mobile Angebote zur Therapiebegleitung bereitstellen, um damit dem heutigen Patientenverhalten besser Rechnung zu tragen. Innovative, patientenorientierte Vermarktungsansätze brauchen jedoch entsprechende systemseitige Rahmenbedingungen. Dies erfordert nicht nur ein Verständnis, sondern auch den konzeptionellen Gestaltungswillen in der deutschen Gesundheitspolitik.“

Doch letztendlich, da sind sich Sozialwissenschaftler Schulze und Manager Ullrich einig, kommt es erst an zweiter Stelle auf die Technologie an. An erster Stelle stehe das Denken: „Die patientenzentrierte Gesundheitskultur – das ist der Kern der Zukunft.“